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Es war ganz anders, als ich es mir vorgestellt habe, aber – es war cool!... soll das Publikum nach Besuch meiner Aufführungen sagen. Wenn gesagt würde: Es war ganz genau so, wie ich es mir vorgestellt habe, wo nehmen wir jetzt noch ’nen Drink? – dann hätte ich etwas falsch gemacht. Theater hat immer mit Reibung zu tun. Ich formuliere es etwas plakativ: Theater muss auf positive Weise provozieren! Und zwar ohne Unterschied ob Avantgarde, Schauspiel, Oper oder Musical – in all diesen Arbeitsstrecken, die meine sind, ist die Stossrichtung dieselbe. Es geht darum, der globalen medialen Totalattacke, die uns möglichst umfassend mit Surrogaten abspeisen will, das Echte entgegenzusetzen, das Authentische, das Erlebnis eines anderen Umganges mit der Welt und ihren Wirklichkeiten. Diese Herangehensweise ist eine künstlerische, eine spielerische. Das zielt auf Substanz, Relevanz und Transparenz – also auf das Schöne, das uns mit voller Macht befällt, das Augen und alle Sinne öffnet, das uns befreit und die Dinge sehen lässt, wie wir nie geträumt hätten, sie zu sehen. Ich finde, das Theater im 21. Jahrhunderts hat Vorschläge zu machen. Es hat sich jetzt lange Zeit häufig mit sich selber beschäftigt – the German Regietheater! – und den Bezug zur Realität verloren. Es ist vielfach ganz unsouverän, biedert sich an, buhlt mit billigen Schockeffekten um Aufmerksamkeit oder verkauft sich ans pure Entertainment. Viel zu oft hat das Theater das Feld den Medien, den Wissenschaften und der Wirtschaft überlassen. Dabei können die unberechenbaren, beunruhigenden Beiträge der Kunst und der Theaterkunst uns doch beim Überleben helfen!
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Ich werde oft nach meiner Methode gefragt. Das Theater ist zu seinem und unser aller Glück eine langsame Kunst – von der Idee bis zur Premiere vergeht mindestens ein halbes Jahr, wenn nicht ein oder zwei. Ich lese Texte und Partituren also auch gewissermaßen entschleunigt, das heißt, radikal und präzise, ich lese die Vorlagen zusammen mit meinen Teams und Ensembles, ich lese aber genau so die Schauspieler, die Sänger, die Tänzer, alle Beteiligten einer Produktion, alle Umstände beim Entstehen einer Aufführung fließen in meine Inszenierungen hinein. Dadurch entsteht häufig etwas in bestem Sinne Eigenartiges. Und Einzigartiges. Integrity nennen die Amerikaner das. Ich suche immer nach stärksten, extremsten Emotionen – die tief aus dem Inneren kommen – und erzähle die Geschichten aus: Autoren und Komponisten haben oft nicht zu Ende gedacht oder geschrieben, Figuren und Handlungsaspekte vergessen. Auch ändern sich Zeit, Umstände, Einsichten. Da bessere ich nach, allerdings immer im Sinne des Textes und aus der Vorlage heraus. So bin ich etwa der festen Überzeugung, dass Klassiker für alle Zeiten spielen, aber nicht in allen Zeiten. Hamlet oder Scarpia in Business-Anzügen oder Braunhemden (seit Guatanamo in orangenen Overalls...) das ist doch ein einziges Missverständnis – das war schon 1968 nicht an sich richtig, wirkte nur damals provozierend. Dieses Missverständnis hat sich dann zu einem Code der Insider entwickelt, was es nicht die Sache nicht richtiger macht...

Kurzum: ob lachend oder weinend, ob albern witzelnd oder kluge Gedanke denkend – das Theater hat eine große Macht, mit der es verantwortungsvoll umzugehen gilt. Das Theater ist Entschleunigungs- und Schönheitsanstalt.

 

 
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